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Zum ersten Mal in London

Für meinen Internationalen Freiwilligendienst habe ich natürlich eine Bucket-Liste. Ganz oben auf der Liste stand sich London anzuschauen. Denn vorher war ich noch nie in London gewesen Tatsächlich ist dieser Freiwilligendienst auch das erste Mal, dass ich im Generellen Fuß auf englischen Boden setze.

Ich habe keine großen Erwartungen an London gehabt. Stattdessen ließ ich das Ganze einfach auf mich zukommen und sah es als kleines Abenteuer. Da Cambridge nicht weit von London entfernt ist, war ich auch nicht auf einen Übernachtungsort angewiesen. Ich fuhr also an einem Donnerstagmorgen los und kehrte abends zurück.

Von Cambridge fahren regelmäßig Direktzüge nach London. Tickets lassen sich entspannt online buchen. Wobei das englische Tarifsystem nicht gerade einfach zu durchschauen ist. Die Ticketpreise variieren je nach Zeitfenster. Zu den Stoßzeiten kosten die Tickets mehr als zu den sogenannten „Off Peak“-Zeiten. Ein Ticket für Hin- und Rückfahrt nach und von London kostet außerhalb der Stoßzeiten etwa 30-40 Pfund.

Wann die Stoßzeiten sind, habe ich bis heute nicht verstanden. Bisher lief alles irgendwie nach Plan. Englische Regionalzüge sind wahre Leichtgewichte im Vergleich zum deutschen Metronom (zum Beispiel). Die Wände und Türen sind dünner und erinnern eher an eine Hamburger S-Bahn. Die Züge liegen außerdem viel tiefer als ein Metronom.

Meine Endhaltestelle war London Kings Cross, was jedem Fan der Harry Potter Bücher natürlich ein bekannter Begriff ist. Dort gibt es auch eine Fotowand mit dem berüchtigten Schriftzug des Gleis Neundreiviertel. Auf den ersten Blick war beeindruckend, wie geordnet und weiträumig der Bahnhof im Vergleich zum überfüllten Hamburger Hauptbahnhof ist. Das ist wahrscheinlich der Tatsache geschuldet, dass es in London einfach mehrere Riesenbahnhöfe gibt. Direkt neben Kings Cross liegt „St. Pancras International“ und im Rest der Stadt liegen ähnlich große Bahnhöfe wie „London Victoria“, „London Paddington“, „London Charington Cross“, „London Bridge“ und viele mehr.

Plattform Neundreiviertel in London Kings Cross
Plattform 9 3/4 Bahnhof Kings Cross London

Von Kings Cross wanderte ich zu Fuß in das nicht weit entfernte Camden Town. Im Vorhinein hatte ich mir von einem Freund einige Empfehlungen für meine London-Reise eingeholt und Camden Town lag von Kings Cross am nächsten. Außerdem wollte ich dort sowieso hin, weil ich mit Camden Town zumindest etwas assoziieren konnte; nämlich mein Englischbuch aus den ersten Jahren des Gymnasiums.

In Camden Town inspizierte ich den Camden Market, einige kleine Stände und erkundete die anliegenden Straßen. Mit seinen tumultigen Straßen, den kleinen Ständen für alles Mögliche und den bunten spielerischen Häusern erinnerte mich Camden Town sehr stark an die Hamburger Schanze.

In einem kleinen Vintage-Laden griff ich bei einem braunen Zip-Pullover zu, den ich sogar um 20% runterhandeln konnte. Die Verkäuferin war in meinem Alter und knickte einfach zu schnell ein. Sie las ein Buch, an dessen Namen ich mich nicht erinnern kann. Ihre Freunde hatten ihr das Buch empfohlen, weil sie genauso ein Rebell wie die Hauptfigur des Romans sein soll.

Von Camden Town wollte ich in zur London Bridge, um von dort aus weiterzuentdecken. Für die U-Bahn musste ich mir aber erstmal ein Ticket lösen. In London fährst Du entweder mit einer OysterCard oder deiner Kreditkarte. Um den 33-prozentigen Rabatt meiner Railcard (äquivalent zur BahnCard) nutzen zu können, musste ein Mitarbeiter meine Railcard auf meine OysterCard übertragen. Für die Kreditkarte ging das leider nicht.

Dafür musste ich aber erstmal zusammen mit der Mitarbeiterin eine OysterCard kaufen. Zufälligerweise war der Automat in einem maroden Zustand, sodass er mein Geld nahm, mir aber keine Karte ausspuckte. Nach wiederholtem Klopfen von innen als auch von außen gab der Automat endlich eine Karte aus und die Mitarbeitern übertrug meinen Rabatt.

In der U-Bahn lernte ich einen Neuseeländer kennen, der mich, wie viele andere an diesem Tag, nach dem Weg fragte. Stolz zeigte er mir Bilder von sich als Statist in der neuen „Herr der Ringe“-Serie. Er war ausgebildeter Schauspieler, arbeitete aber als Kfz-Mechatroniker. In Neuseeland gibt es weniger Möglichkeiten als in Europa und Amerika, erklärt er mir. Ich habe nie darüber nachgedacht, dass die Neuseeländer trotz ihrer wunderbaren Natur nicht wunschlos glücklich sein könnten. Urlaub im Ausland ist für Neuseeländer angesichts der Entfernung ein wirkliches Luxusgut.

Eigentlich wollten wir zusammen Sightseeing machen; zumindest bis ich an der Ticketschleuse in London Bridge stecken blieb. Witzigerweise hatte ich meine OysterCard nicht einfach gescannt, sondern in die Schleuse für Papiertickets geschoben. Anscheinend war das kein seltenes Phänomen, weil die Mitarbeiter den Automat schnell aufschließen konnten. Bis dahin hatte ich meinem neuseeländischen Bekannten aber schon signalisiert, dass er nicht warten müsse.

So erkundete ich Central London ohne neuseeländische Begleitung. Von der London Bridge ging es zur Tower Bridge und an der Themse entlang zum Westminster Palace. Auf dem Weg kreuzte ich unausweichlich das London Eye, aber auch das King’s College London und die London School of Economics. – zwei hochrenommierte Universitäten mit beeindruckenden Gebäuden. Zwischendurch versorgte ich mich mit ein paar Kleinigkeiten aus dem Supermarkt.

Westminster Palace in London Westminster
Von chensiyuan – chensiyuan, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=124265472

Der Westminster Palace war mein architektonisches Highlight der Reise. Die filigrane Bauweise im Zusammenspiel mit der unheimlichen Geschichte dieses Ortes ließen mich staunen. Wenn ich dieses traditionsträchtige Kunstwerk meinen Arbeitsplatz nennen dürfte, würde ich es tagtäglich mit einer unheimlichen Demut und Bescheidenheit betreten.

Von Westminster Palace nahm ich die U-Bahn ins bunte Notting Hill. Ein wirklich schöner Stadtteil, der trotz nobler Häuser und einem prätentiösen Anstrich dank seiner bunten Häuser, süßen Stände und gemütlichen Cafés seinen eigenen Scham ausstrahlt.

Als letzte Station und für mein Abendessen hatte ich Camden Town vorgesehen. Eigentlich wollte ich die interessante Verkäuferin aus dem Vintage-Laden auf ein Abendessen einladen, weil ich keine Lust hatte alleine zu essen. Stattdessen sprach ich ein blondes Mädchen an, dass – wie es der Zufall so wollte – aus der Schweiz kam und für einen Urlaub in London war.

Wie sich herausstellte war sie ein „Foodie“ und wir teilten uns eine Käse-Pasta und scharf-süße Asia-Nudeln vom Camdener Food Market. Leider habe ich ihren Namen vergessen (schade, es war ein spezieller Name), aber spannenderweise war sie ganze 21 Jahre alt. Ihr Abitur hatte sie berufsbegleitend absolviert, weil sie vorzeitig finanziell unabhängig sein wollte. Jetzt will sie in London Osteopathie studieren. Ja, in London kann man Osteopathie studieren. Spannend, oder?

Camden Food Market
Camden Market

Am selben Abend war sie noch mit einigen Studenten verabredet, die sie beim Schnuppern in der Uni kennengelernt hatte. Dementsprechend machte ich mich auf den Weg zur U-Bahn und machte mich auf den Weg nach King’s Cross. Von dort aus fuhr ich im Dunkeln zurück nach Cambridge und genoss ein paar Cookies, die ich mir beim Supermarkt geschnappt hatte. Der Mann am Nebentisch hatte es sich auch gemütlich gemacht: mit ein paar Falafeln, einem Weinglas und einer Flasche Rotwein. Prost und Gute Fahrt!

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