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Die Sache mit den Denkmälern

Während in vielen Ländern dieser Welt Statuen von historischen Persönlichkeiten gestürzt werden, da diese Rassisten, Sklaventreiber oder Gewalttäter waren – auf viele dieser Personen treffen alle Beschreibungen zu – stelle ich mir die Frage: Hat das Volk das Recht Denkmäler auf eigene Faust zu stürzen?

Erstmal von vorne: Was ist passiert?

Im Zuge der Demonstrationen gegen Rassismus werden nun Statuen ehemaliger Kolonialherren oder ähnlicher hiistorischen Persönlichkeiten wahrhaftig gestürzt. In Bristol in Großbritannien wurde die Statue des Sklavenhändlers „Edward Colston“ im Wasser versenkt, eine Statue von Winston Churchill mit „Churchill was a racist“ beschrieben und haufenweise Kolumbus Figuren enthauptet. Legitimation dieser anarchischen Taten ist das richtige Ziel, der wahrhaftige Grund.

Die Kontroverse

Dass ich über dieses Thema schreibe, lässt sich auf die Kolumne Margarete Stokowski’s zurückführen, die sich einseitig dafür ausspricht, dass das Umstürzen von Denkmälern von Rassisten, Gewaltverbrechern und Sklavenhändlern absolut legitim sei. „Wenn aber die Stadt sich nicht kümmert – warum nicht selbst tätig werden?“ schreibt sie nach dem Motto: Wenn die Stadt unseren Willen nicht durchsetzt, indem sie die Denkmäler abreißen, dann machen wir es halt. Obwohl eine kleine radikale Stimme in mir diesen Gedanken gar nicht soo schlimm findet, ist er fatal.

  1. Normalerweise setzt die Stadt den Willen der Bevölkerung um, sobald sie dadurch demokratisch beauftragt werden. Wird das Volk auf diese Weise selbst tätig, verwerfen wir den gesamten demokratischen Gedanken.
  2. Woher wissen wir, dass der Großteil der Bevölkerung das genauso möchte? Ich fänd es super, aber in einer Demokratie benötigt man für solch ein Vorgehen eine Mehrheit, z.B. im Parlament, oder einen Vertreter in der Regierung.

Über die Prinzipien der Demokratie darf sich niemand ermächtigen. Auch nicht wenn man den vermeintlich richtigen Gedanken verfolgt. Man überlege sich, wozu das führt. Wenn jeder die Demokratie missachtet und das durchsetzt, was er für richtig hält. Faschisten halten ihre Ideen auch für die einzig richtige und wahre Lösung, dürfen die sich jetzt auch darüber hinwegsetzen? Diese Sache ist viel komplexer als „Richtig“ und „Falsch“, was manch einer, angesichts Frau Stokowski’s Kolumne, nicht ganz verstanden hat.

Differenzierung ist gewünscht

Jetzt haben wir festgestellt, dass die Verfahrensweise der Demonstranten eindeutig problematisch ist, wie ist es aber mit dem Ziel? Ich muss hier betonen, dass ich die Sache, für die demonstriert wird, gut finde. Ohne Zweifel war Winston Churchill ein Rassist und Edward Colston ein Sklavenhändler. Wobei man jedoch differenzieren muss, ist warum dort Denkmäler dieser Personen stehen. Bei Colston ist es etwas anderes als bei Churchill. Edward Colston war ein Sklavenhändler, mehr nicht. Er hat nur eine Seite, eine Schattenseite.

Churchill war ein Rassist, aber er war auch derjenige Premierminister Großbritanniens, der endlich und entscheidend Einfluss auf den Untergang des Nazi-Regimes und des Faschismus nahm. Deshalb steht dort ein Denkmal von ihm, nicht weil er ein Rassist war.

Genau deshalb sollten seine Denkmäler meiner Meinung nach nicht umbedingt gestürzt werden, viel besser gefällt mir die Idee eines Art Mahnmals gemischt mit deinem Denkmal. Auf der einen Seite Rassist, auf der anderen Seite Kriegsheld. Wie das in der Praxis umgesetzt wird? Keine Ahnung, das überlasse ich Experten. Ob sich das für den Aufwand lohnt? Ich finde schon, denn es hilft bei geschichtlicher Aufarbeitung, v. a. im rassistischen Bereich und es lernt Menschen zu hinterfragen – beide Seiten eines Menschen kennenzulernen und dann kann jeder für sich selbst urteilen. (Eine Sache muss ich noch erwähnen: Wer hat eigentlich Freude an diesen Denkmälern? Ich habe bei mir keine Churchill Statue, aber ich kann mir nicht vorstellen wie solche kleinen Statuen irgendeinen beeindrucken Effekt haben sollten, der ihr Dasein als eine Art „Kunst“ legitimiert.) Wie es bei anderen historischen Persönlichkeiten genau ist, weiß ich nicht, aber mein Punkt sollte klar sein. Es hängt von der Person ab und es muss differenziert werden.

Zusammengefasst: Die Verfahrensweise der Demonstranten ist aufgrund ihres undemokratischen Charakters nicht vertretbar. Das Ziel ist meistens vertretbar, wobei in gewissen Fällen differenziert werden muss.

Argumente mancher Konservativer im Sinne von: „Das Stürzen der Statuen ist nicht mehr als ein Symbolakt und bekämpft Rassismus nicht aktiv“ und „das ist Teil unserer Geschichte, das dürfen nicht vergessen machen“ habe ich im Artikel aufgrund ihrer offensichtlichen Torheit ausgelassen. 1. Symbolakte können ja nicht schaden und wir können ja auch nach den gestürzten Denkmälern noch gegen Rassismus kämpfen 2. Erinnern diese Denkmäler viele, deren Vorfahren davon betroffen waren, an die grausamen Taten. 3. Macht der Sturz eines Denkmals nichts historisch vergessen. Das könnte man so tagelang fortführen, aber Konservative zu entkräften ist einfach langweilig…

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