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Feministen als Medienopfer

Es ist Sonntag, Aaron langweilt sich und unterhält sich im Internet. Mal wieder wird im eine „Try to not Cringe Compilation“ vorgeschlagen. Cringe ist Internetsprache und beschreibt nichts anderes als sich fremdzuschämen. Etwas ist cringe, dann ist es unangenehm. Simpel. Nicht lange muss er schauen bis die erste Feministin auftaucht. Aarons Eltern denken avantgardistisch in Hinsicht der Geschlechter und haben ihm immer wieder erklärt, wie wichtig der Feminismus und sein Wirken ist.

Aaron schaut in die Kommentare. Lauter abfällige Kommentare über die Aussagen der Feministinnen, die in diesem Video auftauchen. Trotz der elterlichen Prägung wird Aaron einfach nicht warm mit den meisten Feministen. Zu oft wirken sie stur und dickköpfig, zu temperamentvoll erscheinen sie ihm. Besonders durch die sozialen Netzwerke bekommt Aaron immer wieder den Eindruck, dass viele Feministinnen in Debatten eher weniger souverän auftreten. Sie fahren schnell aus der Haut, gehen nicht auf die anderen Argumente ein und provozieren durch ihr äußerliches Auftreten bewusst. Sie verbringen viel zu viel Zeit mit Schuldzuweisungen, so scheint es Aaron, außerdem scheinen sie Männer zu verabscheuen, so wie sie sie in den Clips anschauen.

Dieses Verständnis dieses Jungen ist schade, denn der Feminismus ist eine unglaublich wichtige Bewegung mit dem Ziel von mehr Gerechtigkeit. Doch warum scheinen die meisten Feministen die im Fernsehen auftreten so unsouverän und unprofessionell?

Erst einmal wird oft vermittelt, dass Feministen dazu neigen die Dinge etwas 1-dimensional zu betrachten. Sie sehen teilweise nicht mehr die Gleichberechtigung, sondern vielmehr das Ziel von starken Frauen, die Männer unterwerfen. Es wirkt fast so, als wäre das größte Ziel der Feministen das Matriarchat. Im Sinne einer Rache für die seit Jahrhunderten bestehende Unterdrückung. Und wer kann ihnen dieses Verlangen verübeln? Mich als Mann macht es jetzt schon sauer, wenn ich über die Unterdrückung lese. Jetzt muss man sich vorstellen, es wäre mein Geschlecht gewesen, dann würde es mir nochmal näher gehen und ich hätte wahrscheinlich auch Probleme sachlich zu bleiben.

Dieses beschriebene Bild ist leider nicht annähernd die ganze Geschichte. Ich denke das ist nichts anderes als ein Medienphänomen.

Für viele Männer ist es schwer sich einzugestehen, dass Frauen eben gleich behandelt werden sollte, besonders für konservativ geprägte. Das ist natürlich erstmal eine Grundvoraussetzung, den sonst gebe es ja keinen Widerstand gegen die Ideen des Feminismus.

Zusätzlich gibt es im Zuge der Digitalisierung natürlich eine sich stets verbesserende Vernetzung der Menschen untereinander. Leider wird frauenfeindlicher Humor auch durch das Internet gefördert und obwohl es am Anfang nur als Spaß gedacht war, arten genaue diese Dinge im Internet aus. Ob es Influencer sind oder einfache anonyme Reddit-Posts, sie symbolisieren eine Zugehörigkeit. Wir gegen Die. Ein Influencer macht einen frauenfeindlichen Witz, bedenkt aber die Folgen nicht. Viele der jungen Zuschauer, die sich mit dieser Person identifizieren, übernehmen die Wertevorstellung der Frau, deren Aufgabenbefugnis sich auf den Haushalt beschränkt.

Nun haben wir einen großen Teil der Menschen, die dem Feminismus Widerstand leisten wollen bzw. deren Einstellung gegenüber dieser Bewegung negativ behaftet ist. Stelle man sich jetzt vor, es beginnt alles mit einer Feministin, die interviewt wird. Sie fährt aus der Haut, nicht besonders clever, aber wie gesagt wie soll man es ihr verübeln. Dieses Thema nimmt einen einfach stark mit. Dieses Interview wird online gestellt und es geht los.

Die Mediennutzer machen sich darüber her. Sie fühlen sich in ihrer Auffassung bestätigt, dazu kommt das Gefühl der Gemeinsamkeit, der Zugehörigkeit. Letztendlich wird die Feministin, die einmal die Fassung verlor zum Sinnbild gemacht. Der Feminismus wird auf diese eine Frau reduziert.

Die Medien merken schnell, was gut ankommt bei den Menschen. Menschen, die sich blamieren. Und wenn es dann noch die doofen Feministen sind, gefällt es den Nutzern umso besser. Was ist die Konsequenz?

Die Medien polen ihre Berichte darauf Feministen schlecht darstehen zu lassen, sie leiten sie mit Tricky-Questions in die Irre oder blamieren sie. Was im Hintergrund abgeht weiß niemand so genau. Auch ich nicht. Doch sind es diese Clips, die letztendlich in solchen „Try to not Cringe Compilations“ landen, die jemand wie Aaron zusehen bekommt.

Wie gesagt weiß ich selbst nicht, was hinter den Kulissen abgeht, doch eins ist klar. Feministen, die sich blamieren klicken sich gut.


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