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Chaos und Ordnung

Die Welt lässt sich auf verschiedenen Ebenen beobachten und analysieren. In der antiken Mythologie wurde diese Vielfältigkeit durch verschiedene Göttergenerationen dargestellt. Eine sehr hochauflösende Ebene wird in der Dialektik von Chaos und Ordnung dargestellt. Chaos ist die zerstörerische aber auch erschaffende Kraft. Ordnung ist erhaltend und bewahrend. Die chaotischen Kräfte ermöglichen uns Grenzüberwindung. Verlieren wir uns aber in diesen laufen wir Gefahr verrückt und orientierungslos zu werden. Eine gesunde Welt, eine gesunde Gemeinschaft, eine gesunde Person lebt mit der richtigen Balance zwischen Ordnung und Chaos.

Gott zerstört Leviathan

In der Bibel steht geschrieben, dass Gott am letzten Tag vor der Überführung ins Paradies die Personifikation des Chaos, Leviathan, töten wird. Im Paradies gibt es keine disruptiven, keine kritischen, keine zerstörerischen Kräfte – nur Ordnung und Perfektion.

Nicht selten wird Gott als Repräsentant der Ordnung und der Teufel als sein chaotischer Gegenspieler interpretiert. Alternative Theorien schlagen vor, dass Gott den Teufel überhaupt erst erschaffen hat. Damit vereint Gott sowohl die chaotischen als auch die ordnenden Kräfte.

Die offene Gesellschaft und Utopien

Helmut Schmidt schreibt in seinem Buch „Was ich noch sagen wollte“ eindrucksvoll über den Sozialismus: „Die totale Utopie lässt sich nämlich nur in geschlossenen Gesellschaften verwirklichen, das heißt in totalitären Systemen“. Mit der geschlossenen Gesellschaft bezieht er sich auf Karl Poppers Grundsatz, dass ein regierendes System falsifizierbar sein muss. Diese offene Gesellschaft war ein Axiom Schmidts polittheoretischer Auffassung.

Kein Paradies ohne Chaos

Totalitarismus bedeutet die Tyrannei der Ordnung. Jegliche Kritik und Opposition wird vernichtet. Schmidt glaubt nicht an die Verwirklichung von Utopien. Die sozialistische Utopie bedeute per Definition eine Welt ohne Chaos und damit ohne Kritik und Opposition. In der sozialistischen Utopie gäbe es nur Ordnung. Aber kein Paradies dieser Welt kann auf nur einer der beiden dialektischen Kräfte fußen. Chaos ist die disruptive Kraft, die Korruption und Missbrauch überhaupt offenbart. Wenn für das Paradies jegliches Chaos eliminiert werden muss, dann wird der Mensch im Paradies eingesperrt. Niemals wird sich offenbaren, dass hinter dieser Utopie eine weitere Utopie versteckt ist.

Wenn Paradiese als Ort ohne Konflikte beschrieben werden, werden sie zeitgleich als Orte ohne Chaos beschrieben. Wenn es die Definition des Paradies vorsieht, dass dort keine Konflikte herrschen, dann widerspricht sich das Paradies in seiner eigenen Definition. In einem Paradies muss es Konflikte geben, um den Charakter und die Integrität der gegenwärtigen Ordnung zu überprüfen. Wenn ein Paradies wirklich ein Paradies sein möchte, dann muss es die richtige Balance zwischen Chaos und Ordnung finden und weder das eine noch das andere zum Heilsbringer erheben.

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