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Die Linke will regieren – eine Kampfansage mit Außenwirkung

Obwohl die Linke nicht umbedingt Anwärter einer absoluten Mehrheit ist, könnte ihre Ansage, in Kombination mit der anti-GroKo Einstellung der im Dezember gewählten SPD-Parteispitze ein wichtiges politisches Signal sein.

Sowohl der SPIEGEL, als auch die „Süddeutsche Zeitung“ berichteten über ein Strategiepapier der Linken. Neben einem sozial-ökologischen Wandel, möchte die Linke mit einem neuen Ziel in die Bundestagswahlen 2021 gehen. Im Strategiepapier soll es laut SPIEGEL-Informationen heißen: „Die Linke sollte bei den kommenden Bundestagswahlen offensiv das Ziel eines Politik- und Regierungswechsels vertreten„. Die Doppelspitze der Linkspartei, Katja Kipping und Bernd Riexinger, streben nach einer neuen Ausrichtung der Bundespolitik – nach Links

Bereits 2017 zur Bundestagswahl war Mitregieren ein Ziel der Linken. Damals wäre es nur als Minderheitsregierung – mit leicht über 42% – aufgegangen. Die Koalition wäre auf Stimmen der CDU, FDP oder AfD angewiesen. Solch ein Szenario wäre keine handlungsfähige Regierung gewesen. Trotzdem gibt es meiner Auffassung nach dieses Mal gute Chancen. Zwei Faktoren machen den Unterschied:

Ich habe es auch satt, aber Corona ist wieder ein Teil dieses Artikels. Ein starker Staat hat sich in der Corona-Krise nun mal ausgezahlt – das haben die Leute gesehen. Auch, wenn vom guten Krisenmanagement bisher hauptsächlich die, in Umfragen bei bis zu 40% liegende, CDU profitierte, bietet die Krise Chancen. Einerseits gewinnen, historisch gesehen, nach Krisen oft die Extreme. Andererseits sind viele, immer stärker aufkommende Forderungen, wie mehr Lohn für systemrelevante Berufe, mehr staatliche Absicherung und soziale Umverteilung, schon lange im Grundsatzprogramm der Partei enthalten.

Ein zweiter Punkt ist der Spitzenwechsel von Martin Schulz, über Andrea Nahles hin zu Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. Im internen Spitzenduell der Partei ging es vor allem um zwei Positionen. Für die „Große Koalition“ standen Olaf Scholz und Klara Geywitz und dagegen Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. Mit knapper Mehrheit gewannen letztere. Neben der GroKo bildet eine Koalition aus SPD und Grünen und eine Koalition aus SPD, Grünen und Linken die einzige Regierungsmöglichkeit für die neu aufgestellte SPD. Im Falle einer Regierungschance durch eine Mehrheit stünde die SPD also nicht im Weg.

Viel wichtiger ist allerdings die Botschaft, die es aussendet. Oder besser gesagt der Hintergrund. Lange gab es in Deutschland Kritik an der Demokratie. Die Wahl lag nicht mehr zwischen vielen Parteien – rein theoretisch schon -, sondern zwischen zwei Kanzlerkandidaten. Es lief auf dasselbe hinaus. Große Koalition, egal was man wählt. Die Frage, die sich immer öfter gestellt wurde ist, inwiefern die eigenen Interessen da denn wirklich durchkommen. Konservativ und Sozialdemokratisch bilden zusammen eine Regierung. Jedes Gesetz, jede Handlung basiert auf Kompromissen. Daher auch die Wahrnehmung einer Regierung, die nichts auf die Reihe bekommt und nichts erreicht. Logisch, wenn man sich mit eigentlich gegensätzlichen Anschauung zu einem Kompromiss zusammenfinden muss.

Die Wahlergebnisse ließen allerdings auch keine anderen Möglichkeiten zu. Der Ansicht vieler nach, war das mehr eine Misch-Masch Regierung. Vor dem Absturz der FDP war es Gewohnheit, dass bspw. CDU und FDP zusammen regierten. Ein konservativer Kurs, der um einiges mehr Übereinstimmungen hatte, als eine GroKo.

Oder es gab eine sozialliberale Koalition aus SPD und FDP, wie es unter Brandt und Schmidt der Fall war. FDP und SPD mögen auch nicht gerade absolute Themenüberschneidungen haben, allerdings besaß diese Koalition eine größtere Anteilsverteilung: Die SPD erhielt 237 Sitze im Bundestag, die FDP gerade einmal 31. Somit gab die SPD klar die Richtung vor. 2017 hatte die Union 246 Sitze, die SPD 153 – ganz andere Dimensionen. Gerhard Schröder’s Kabinett regierte mithilfe der Grünen, eine große Gesamtüberschneidung.

Ich hoffe, dass sich durch diese Ankündigung Regierungen mit größerer ideologischer Übereinstimmung finden werden. Dem Ohnmanchtsgefühl einer „unfähigen“ Regierung, das viele Menschen in Richtung Extremismus und AfD schickt, wurde eigentlich durch das – als stark angesehene – Krisenmanagement entgegengewirkt. Trotzdem gibt es vermehrt Leute, Corona-Demonstranten, die das alles doch nicht als so toll ansehen. Ein starkes Management reicht anscheinend nicht, die Menschen wollen es viel mehr am eigenen Leib spüren. Regierungen mit mehr Überschneidungspunkten könnten diesem Gefühl mit aktiver Regierungsarbeit und wirklich wirksamen Reformen – keine Kompromisse – viel stärker entgegenwirken. Ob FDP und CDU oder SPD, Linke und Grüne. Mir ist alles lieb, solange es die Werte unseres demokratischen Rechtsstaats wahrt – obwohl ich persönlich eine linke Regierung favorisiere 😉

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