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Weihnachten mal anders

Nicht jeder assoziiert Weihnachten mit Wärme, Familie und Zufriedenheit. Für andere Menschen ist Weihnachten die schmerzhafteste Zeit des Jahres.

Köstliches Essen mit der Familie, reiche Bescherung mit sehnsüchtig erwarteten Geschenken und das festlich dekorierte Wohnzimmer. Diese Attribute verbinden die meisten Menschen in Europa mit Weihnachten. Jedes Jahr zelebrieren viele Europäer die wohl beliebteste christliche Tradition.

Über das ganze Jahr und insbesondere in den letzten Wochen staut sich bei Vielen eine unheimliche Vorfreude auf das bevorstehende Fest an. Die Weihnachtsdeko wird an Ort und Stelle platziert, ein warmes Getränk und Schmalzgebäck auf dem Weihnachtsmarkt genossen und die Weihnachtsmusik rauf- und runtergehört.

In diesem Jahr hat sich bei mir eine ganz besondere Vorfreude auf Weihnachten angestaut. Nicht nur das bloße Fest in seiner Schönheit lassen mich seit Längerem auf die Weihnachtstage hinsehnen. Vor allem das Wiedersehen mit der Familie und die Auszeit nach einigen Wochen im Ausland lassen mich noch öfter von diesem Weihnachten träumen.

Vor einigen Tagen wurde mir klar, dass dieses Sehnsucht für einige andere Menschen auf der Welt tatsächlich eine schmerzliche Erfahrung ist.

Einige Menschen kämpfen infolge der Wirtschaftskrise mit finanziellen Problemen und müssen dieses Jahr viel einsparen. Es muss schmerzhaft sein, seinen Kindern oder seinem Partner nicht das Weihnachten bieten zu können, dass man ihnen eigentlich bieten will.

Andere Menschen kämpfen mit starker Einsamkeit. In einer Zeit, in der normalerweise Familie und Freunde zusammenkommen, bedeutet Alleinsein eine gewaltige Herausforderung.

Für die Obdachlosen, mit denen ich arbeite, ist Weihnachten eine schmerzhafte Zeit. Es erinnert sie eindrücklich und lautstark an das, was ihnen fehlt. Viele denken in dieser Zeit sehr ausführlich über ihre Familie nach. Wie kann ich mich mit meinem Vater vertragen? Sollte ich meine Tochter anrufen?

Einer unserer Einwohner hat über Weihnachten sowohl seine Mutter als auch seinen Vater verloren. Seine Schwester starb auch um den Jahreswechsel herum. An Heiligabend wurde er von einer Familie zum Mittagessen eingeladen. Am ersten Weihnachtstag wird er für alle im Haus kochen.

Ein anderer unserer Einwohner besucht seine Schwester über Weihnachten. Während gleichzeitig irgendwo in England seine Tochter Weihnachten feiert. Seine Tochter, die er seit 18 Jahren nicht mehr gesehen hat.

Noch nie habe ich an Weihnachten über diese Menschen gelesen. Über die Menschen, für die Weihnachten kein pompöses Fest und pure Freude ist. Was ich hier kurz anreiße, ließe sich ausführlich porträtieren. Beispiele gibt es genug.

Ich wünsche mir zu Weihnachten, dass Journalisten auch diese Realitäten darstellen. Dass wir mehr darüber lesen, wie es dem Rest der Bevölkerung geht. Auch wenn es unser einseitiges Weltbild zum Bröckeln bringt.

Seitdem ich in Cambridge regelmäßig zur Kirche gehe, erlebe ich wie offenherzig Gemeindemitglieder sich gegenseitig zum Essen einladen. Fremde zum Essen einladen, mag am Anfang eine Überwindung sein, ist aber umso wirkungsvoller.

In früheren Zeiten war es gang und gäbe Nachbarn, nähere aber auch fernere Bekannte zum Essen einzuladen und kennenzulernen. Vor allem für einsame Menschen, kann eine solche Geste viel bedeuten.

Vielleicht sollten wir uns an mehr Offenheit probieren.

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