Keine internationale Organisation steht seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie so stark im Mittelpunkt wie die Weltgesundheitsorganisation, kurz WHO.
Als Koordinationsbehörde der UN soll die WHO das große Ziel dieser, die Wahrung von Sicherheit und Frieden in der Welt, auf gesundheitlicher Ebene erwirken. Dabei wird die Handlungsfähigkeit der WHO, besonders seitdem der Vorwurf einer chinesischen Beeinflussung und die Kritik an der Reaktion auf die Corona-Pandemie aufkam, wiederholt in Frage gestellt und umfassend debattiert. Als zentrale internationale Gesundheitsorganisation ist es von entscheidender Bedeutung, ob diese handlungsfähig ist oder nicht. Genau das soll im Folgenden ganz grundlegend auf struktureller und auch auf praktischer Ebene beantwortet werden.
Das klassische Problem internationaler Organisationen
Die WHO unterliegt als Koordinationsbehörde der UN demselben Problem, welchem die Vaterinstitution, die Vereinten Nationen, selbst unterliegen. Genau genommen in einer noch fataleren Form. Politikwissenschaftlich, historisch aber auch logisch ist es offensichtlich, dass internationale Organisationen, die auf einem Gleichgewicht der Mitgliedsstaaten basieren, nur in einer idealistischen und einzigartig moralisierten Welt funktionieren können. Denn jeder Mitgliedsstaat hat dieselbe politische Macht innerhalb der internationalen Organisation inne. Solche Konstrukte funktionieren nur, wenn die internationale Organisation selbst mächtiger und in allerlei Hinsicht durchsetzungsfähiger als der Großteil seiner Mitgliedsstaaten zusammen ist. Ist diese internationale Organisation aber nicht mächtiger als seine Mitgliedsstaaten hat es keine staatliche Gewalt, um übergeordnete Interessen durchzusetzen. Es ist ein strukturelles Problem. Allein die UN wird nicht umsonst oft als „zahnloser Tiger“ ohne wirkliche Tatkraft bezeichnet. Auf die Werte der UN wird sich nur bezogen, wenn es der eigenen politischen Position nutzt. Dies zeigt sich offen gesagt in jedem zweiten Industriestaat, ob es Deutschland, die USA, Großbritannien, Frankreich, Portugal, China oder Japan ist; auf die Verfassung der UN wird sich nur im nützenden Fall bezogen und im Hintergrund weiter gegen die grundlegenden Werte dieser durch Waffenverkäufe, militärische Interventionen und Hinterzimmer-Deals verstoßen – ja, ich bin mir bewusst, dass militärische Interventionen und Waffenverkäufe nicht prinzipiell durch die UN verboten werden, gegen die Werte dieser verstoßen sie jedoch absolut und insuffizient begründete militärische Interventionen sind ebenfalls kein seltener Fall und diese verstoßen absolut gegen UN-Recht. In solchen Fällen zeigt sich, dass, wenn es darauf ankommt, die Werte und Normen internationaler Organisationen schlichtweg zum eigenen Nutzen übergangen werden. Genauso lässt sich das Ganze auf die WHO, als Behörde der UN, übertragen. Nach außen hin werden die Werte gerne propagiert, aber ob deren Empfehlungen im Ernstfall dann auch befolgt werden ist eine andere Frage.
Internationale Organisationen haben Symbolcharakter, aber es mangelt ihnen an einer starken Exekutive, die in irgendeiner Weise wirksamen Einfluss nehmen kann. Sanktionen können durch Veto-Rechte bzw. Hinterzimmer-Deals verhindert werden. Und bei einer Konstellation aus gleichwertigen Staaten oder jedenfalls einer Art Kräftegleichgewicht, werden keine erheblichen staatlichen Sanktionen folgen (jedenfalls nicht wegen eines Verstoßes gegen UN-Recht, dieser könnte jedoch als Vorwand genutzt werden -> UN als Vorwand). Dies zeigt sich in den wiederholten Verstoßen gegen UN-Recht durch China, Russland, Türkei, Polen, Nordkorea, etc. auf die keine wirksamen Reaktionen folgten, da einige Staaten durch ihre Veto-Rechte ihren Partnern jedes Mal Sanktionen ersparen. Die WHO darüber hinaus hat nicht einmal die Möglichkeit in irgendeiner Weise Sanktionen durchzusetzen, sie besitzt keinerlei praktischen Einfluss auf seine Mitgliedsstaaten. Sie besitzt nicht nur keinen Einfluss auf diese, sie ist auch von dem Willen ihrer Mitgliedsstaaten abhängig, da sie auf deren finanzielle Unterstützung angewiesen sind. Es fehlen schlichtweg die Strukturen, die eine Verletzung von WHO-Prinzipien bestrafen könnten, jedenfalls auf Ebene der WHO; Einzelstaaten könnten natürlich trotzdem Verantwortung fordern und Sanktionen durchsetzen. Doch offensichtlich haben wir hier ein grundlegendes strukturelles Problem: Die WHO steht nur so lange über den Einzelstaaten, solange diese das wollen und sobald die WHO entgegen ihren Interessen handelt oder diese in Bredouille bringt, drohen sie damit der WHO ihre finanziellen Mittel sowie öffentliche Unterstützung zu entziehen. Da die WHO sich den Verlust gewisser Staaten nur bedingt leisten kann, wird diese immer abhängig von den Interessen ihrer einzelnen Mitgliedsstaaten sein. Folglich verfügt die WHO über keinerlei Durchsetzungsmacht ihrer Initiativen, ihrer Grundsätze, ihrer Prinzipien und ihrer Ideen.
Abhängigkeit von Privatfinanzierungen
Des Weiteren gelangt die WHO an die restlichen 80% ihrer Einnahmen durch Finanzierungsinitiativen privater Stiftungen, welche logischerweise Eigeninteressen haben und die Bereitstellung ihrer finanziellen Mittel an feste Bedingungen knüpfen. Offensichtlich liegt hier ein weiterer Interessenskonflikt vor, denn sobald eine hoheitliche Organisation durch Privatinteressen finanziert wird, verliert sie den Status hoheitlich zu sein. Die beiden größten privaten Geldgeber der WHO sind beispielsweise die „Bill & Melinda Gates Stiftung“ und die „Impfallianz Gavi“. Die „Bill & Melinda Gates Stiftung“ stellte zum Beispiel 200 Millionen Euro für die Bekämpfung von Polio, aber gleichzeitig geringe Beiträge für den Mutterschutz oder andere Krankheiten, bereit. Somit kann die WHO aufgrund mangelnder finanzieller Mittel und wegen einer Angewiesenheit auf wenige private Geldgeber nicht selbst entscheiden, wo sie ihre Prioritäten setzt. Bedauerlich ist, dass selbst eine 100%ige staatliche Finanzierung, wie vorher erläutert, die WHO ebenfalls abhängig von Interessen macht und somit gleichermaßen einen Interessenskonflikt entsteht. Hier liegt ein essenzielles strukturelles Problem der WHO, denn diese ist auf die finanziellen Mittel von Interessensgruppen angewiesen und hat keine von Interessensgruppen unabhängige Finanzierungsmethode. Somit bleibt hinsichtlich der Struktur der WHO kein anderes Urteil übrig als dass die WHO strukturell nicht vollkommen handlungsfähig ist, da sie auf die Wahrung von Einzelinteressen zur eigenen Instandhaltung angewiesen ist, was ein offensichtlicher Interessenskonflikt ist, dem die zentrale internationale Gesundheitsbehörde nicht unterliegen sollte.
Geringer Jahresetat verstärkt finanzielle und strukturelle Abhängigkeit von Fremdinteressen
Ein weiteres strukturelles Problem liegt in dem kleinen Jahresetat, der nicht annähernd ausreicht, um auf globaler Ebene zu agieren. Die bereits genannte finanzielle Abhängigkeit von einzelnen Geldgebern ist ein Ausdruck dieses geringen Jahresetats, aber auch der Fakt, dass die WHO z.B. keine Impfkampagnen selbst durchführt, geschweige denn einen signifikanten Beitrag zur Finanzierung liefert. Somit ist die WHO durch ihr geringes Jahresetat von gerade einmal 2 Milliarden Euro in ihren Möglichkeiten erheblich eingeschränkt. Außerdem kann die WHO nicht einfach wie Staaten auf dem Kapitelmarkt, beispielsweise durch den Verkauf von Anleihen, an Geld gelangen. Um die Zahlen überhaupt einmal in Relation zu setzen: Allein Deutschland hatte 2017 79 Billionen Euro nur an Staatseinnahmen (darüber hinaus hat DE noch haufenweise Möglichkeiten zur Kapitalbeschaffung), was hier dem Äquivalent eines WHO-Jahresetats entsprechen würde, da die WHO keine Möglichkeiten zur Fremdverschuldung hat; die Kreditaufnahme ist der UN und somit auch der WHO untersagt. Der WHO mangelt es schlichtweg an Möglichkeiten zur Finanzierung und folglich auch an den nötigen finanziellen Mittel, um die Rolle im globalen Gesundheitsgeschäft zu übernehmen, die die zentrale internationale Gesundheitsbehörde übernehmen sollte. Nicht umsonst wird die WHO eher als Initiator großer Projekte gesehen und weniger als Geldgeber oder Leiter. Stattdessen ließe sich die Rolle der WHO mit der eines Schirmherrn vergleichen, denn die WHO stellt ihren Namen und ihren Symbolcharakter über das Projekt, was diesem definitiv Aufmerksamkeit zuschreibt (später dazu mehr), aber letztendlich bewirkt die WHO darüber hinaus nicht viel mehr.
Diese fehlenden Finanzierungsmöglichkeiten, in Kombination mit dem bereits niedrigen Haushalt, macht die WHO noch stärker von privaten Stiftungen und von den Beiträgen ihrer Mitgliedsstaaten abhängig. Verlässt ein Staat dann wirklich die WHO, wie es die USA unter Donald Trump getan haben, ist diese schnell in noch größerer Geldnot als ohnehin schon. Hier ließe sich für die Handlungsfähigkeit der WHO argumentieren, denn anscheinend konnten sie es sich ja leisten, dass die USA die WHO verlässt und haben nicht plötzlich angefangen die Interessen der USA vor die anderer Staaten zu stellen. Tatsächlich lässt sich dieses Argument ganz einfach entkräften: Genau genommen hat sich in diesem Fall spezifisch gezeigt, wie abhängig die WHO von Einzelinteressen ist und ebenfalls, dass die Staaten sich dessen bewusst sind. Trump drohte mit einem Entzug der Beiträge der USA und stellte die Forderung auf, dass die WHO China stärker für das vermeintliche Vertuschen des Coronavirus-Ausbruchs belangen sollte. Offensichtlicht stellt hier die finanziell stärkste Partei ihre Interessen vor die anderen und verbindet dies mit der Drohung ihre finanziellen Mittel ansonsten zu entziehen. Ich bin mir sicher, dass wenn die WHO Trump vertrauen würde und es einen Weg gegeben hätte seine Forderungen in irgendeiner Weise zu erfüllen, dass die WHO das dann getan hätte. Jedoch hat Trump die WHO als schlechte Ratgeber und Handlanger Chinas kritisiert, worauf die WHO schlecht mit einer die Trump-Administration zufriedenstellenden Antwort reagieren konnte, was sie sonst höchstwahrscheinlich getan hätten, um nicht die finanziellen Mittel ihres größten Beitragszahlers zu verlieren. Außerdem war die WHO sich potenziell bewusst, dass ein Austritt unter Trump durch den nächsten Präsidenten rückgängig gemacht wird, wie es Biden ja tat. Wie bereits erläutert ist die WHO in gewisser Hinsicht finanziell von jedem ihrer Beitragszahler abhängig, aber auch von den Staaten auf einer Publicity-Ebene, damit ist gemeint, dass sie, um möglichst viele private Spenden zu erhalten auch möglichst viele staatliche Unterstützer benötigen, da die Investition in Projekte, die staatliche Unterstützung genießen, für private Stiftungen immer repräsentative und bedeutsame Projekte sind. Projekte, die zeigen, dass man zu den großen Playern gehört. Gleichzeitig gibt staatliche Unterstützung schlichtweg eine Garantie, dass dieses Projekt seinem Zweck bestmöglich dienen wird. Somit ist die WHO sogar auf zwei Ebenen von ihren Mitgliedsstaaten abhängig. Um das eigentliche Problem des finanziell geringen Spielraums noch einmal zu betonen: Der finanzielle Spielraum der WHO ist so gering, dass diese vor allem als Initiatoren agieren, als Symbolcharakter, als Vernetzer und als Diplomaten zwischen unterschiedlichen Interessenvertretungen, anstatt selbst Projekte mit internationaler Tragweite zu finanzieren und in Gang zu setzen. Die WHO ist stets von ihren Mitgliedsstaaten und von privaten Unternehmen und Stiftungen abhängig, um ihre Initiativen umzusetzen und ist folglich hinsichtlich ihrer Ziele erneut abhängig von Fremdinteressen und können nur durch Hilfe anderer ihre Ziele umsetzen, wobei diese ursprünglichen Ziele, wie bereits erläutert, sowieso ebenfalls von Fremdinteressen vorgegeben sind.
Beeinflussung durch China?
Wiederholt kam die Kritik auf, dass der Generaldirektor der WHO Ghebreyesus zu China-freundlich agiere. Aussagen im Sinne von: China sei total offen, habe einzigartig schnell und sinnvoll auf die Pandemie reagiert und die Welt stünde in Pekings Schuld. Offensichtlich entsprechen diese Aussagen nicht der Realität und wirken wie eine schlechte chinesische Propagandakampagne und die Unabhängigkeit Ghebreyesus steht wiederholt im Raum, da seine Wahl durch chinesische Spenden an Mitgliedsstaaten, geknüpft an die Bedingung für ihn zu stimmen, erfolgt sein soll. Folglich soll er in der Schuld Chinas stehen. Inwiefern das stimmt, ist schwierig zu beurteilen, allerdings liegt bei einigen Aussagen Ghebreyesus eine Beeinflussung nah, denn der Konsens gegenüber China in den investigativen Medien widersprecht Ghebreyesus Eindrücken von China. Diese Debatte ist schwierig, jedoch wurde bei der letzten WHO-Untersuchung in China zur Aufarbeitung der Pandemie offiziell die mangelnde Transparenz in China kritisiert und von einer extremen Verschlossenheit gesprochen. Dementsprechend scheint das nichtmehr als eine wirre Gefälligkeitspolitik zu sein, die sich eben nicht mehr wie früher PRO-USA ausdrückt, sondern heutige PRO-China, für ein fragwürdiges diktatorisches Regime. Die Glaubwürdigkeit der WHO wird dadurch natürlich trotzdem in Frage gestellt, wodurch die Handlungsfähigkeit potenziell eingeschränkt sein könnte, jedoch würde ich das als nicht wirklich signifikant bewerten, jedenfalls solange kein Staat, wie die USA unter Trump, seinen China-Feldzug auf Kosten der WHO weiterführen möchte.
Die Stärken der WHO
Nachdem die WHO bisher nur einseitig beleuchtet wurde, ist es angebracht eine weitere Perspektive aufzuzeigen. Ja, die WHO ist zu sehr von einzelnen finanziellen Interessen abhängig, jedoch sollte erwähnt werden, dass solange kein irrer Autokrat an der Macht ist, die meisten Staaten schlichtweg auf niedere Erpressungen verzichten und nicht damit drohen ihre finanziellen Mittel zu entziehen. Es ist also annehmbar, dass die WHO in der Praxis nicht unbedingt so abhängig von den Einzelinteressen der Staaten ist. Andererseits ist sie trotzdem definitiv von den finanziellen Mittel ihrer Privatinvestoren abhängig und letztendlich kontrollieren diese offen gesagt, welche Projekte letztendlich am meisten gefördert werden.
Trotzdem ist zu erwähnen, dass die WHO enormen symbolischen Charakter besitzt. Als Schirmherr für ein Projekt kann die WHO unglaubliche Bedeutung für Spenden und Unterstützung haben und über die Realisierung und die Wirksamkeit gewisser Projekte allein durch ihren Symbolcharakter entscheiden. Darüber hinaus hat sie die Möglichkeit unterschiedliche Interessenvertreter durch ihr internationales Ansehen an einen Tisch zu bringen und als Vermittler zu agieren und dafür zu sorgen, dass haufenweise Staaten mit unterschiedlichen Interessen zusammenarbeiten, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Natürlich spricht die WHO als international anerkannte Organisation auch eine breite Masse der Öffentlichkeit an und kann auf diesem Wege Druck auf Regierungen ausüben, der in Verhandlungen entscheidend für Einigungen sein kann. Ohne eine globale Gesundheitsorganisation wäre die Koordination der Bekämpfung einer globalen Pandemie um einiges erschwert und es gäbe keine wirkliche Anlaufstelle für eine internationale Initiative.
Des Weiteren beleuchtet die WHO unbeachtete Probleme und schreibt ihnen die notwendige Bedeutsamkeit zu. Im Generellen agiert sie als Wächter des Gesundheitswesens und gesundheitlicher Fragen und leuchtet dorthin, wo niemand hinschauen möchte, und initiiert dementsprechende globale Initiativen. Erfolgsprojekte der WHO sind beispielsweise die erfolgreiche Ausrottung der Pocken und von Polio. Besonders im Falle von Pocken zeigt sich der Einfluss der WHO, da diese tatsächlich in ihren Mitgliedstaaten eine gesetzlich verankerte allgemeine Impfpflicht erwirken konnte, wodurch sich doch jedenfalls eine gewisse Bedeutsamkeit der WHO zeigt. Der Einfluss der WHO auf gesetzgebender Ebene zeigt sich auch in der Fassung des IfSG in Deutschland, indem der WHO das Befugnis zugeschrieben wird, durch das Aufrufen einer pandemischen Notlage internationaler Tragweite dieses Gesetz in Kraft treten zu lassen. Dies zeigt das Vertrauen in die WHO. Genauso wird auch auf die Datensammlung der WHO vertraut, wenn es einerseits um das dynamische Reagieren auf die Pandemie geht, aber auch bei den technologischen Entwicklungen zur Bekämpfung der Pandemie. Dort agiert die WHO übrigens auch als entscheidender Ratgeber auf strategischer Ebene.
Außerdem mag die WHO vielleicht nicht selbst die ausreichenden finanziellen Mittel benötigen, doch kann sie durch ihren Status einige Ressourcen mobilisieren, die letztendlich ihren Zielen zugutekommen.
Darüber hinaus stellt die WHO auch schlichtweg einen mächtigen Gegenspieler dar. Einen Vertreter des Gesundheitswesens gegenüber ökonomischen oder anderen zuwider des Gesundheitswesens verlaufenden Interessensvertretungen, die niemals diese strikten Restriktionen, wie von der WHO vorgeschlagen und von vielen Ländern durchgeführt, befürworten würden und aktiv dagegen Lobbyarbeit leisten würden. Somit stellt die WHO allein auf politiktheoretischer Ebene ein essenzielles Gegengewicht dar.
Der genannten strukturellen Kritik an der WHO ließe sich durch eine Umstrukturierung entgegenwirken. Es ist unwahrscheinlich einen Idealzustand zu erreichen, in dem die WHO komplett frei von Einzelinteressen ist, aber ein Optimalzustand der Unabhängigkeit ist definitiv möglich. So könnte die Mitgliedsstaaten ihre Beitragszahlungen erhöhen und die Finanzierung durch private Stiftungen breiter gefächert und nach oben hin limitiert werden. Durch ein Limit würden zwar vorübergehend finanzielle Mittel verloren gehen, es würde aber einen zusätzlichen Anreiz zum Spenden darstellen, da selbst Spender mit geringeren finanziellen Kapazitäten nun einen Unterschied machen können. Somit könnte die WHO sich stärker durch kleinere, aber vermehrte Beiträge finanzieren. Des Weiteren könnte die WHO ihre Fixkosten durch die Unterhaltung von Büros in jedem Land reduzieren.
Fazit
Es zeigt sich, besonders an der Ausrottung von Polio und Pocken, dass die WHO definitiv auf Status- und Symbolebene und darüber hinaus immerhin auch teilweise handlungsfähig ist. Auf der anderen Seite gibt es strukturelle Probleme, die die WHO finanziell abhängig machen und infolgedessen für Interessenskonflikte sorgen. Aber auch Vorwürfe der Beeinflussung durch China vonseiten der USA beispielsweise. Diese wiederum schränken die WHO in ihrer Handlungsfähigkeit ein. Dementsprechend sollte die WHO strukturell umorganisiert werden, sodass die Mitgliedsstaaten ihre Beiträge erhöhen und dass die private Finanzierung breiter gefächert wird, sodass gewisse Einzeleinflüsse geschwächt werden und die WHO sich unabhängig von Einzelinteressen machen kann. Auch bei der Wahl des Generaldirektors sollte vielleicht darauf geachtet werden, dass diese möglichst unbeeinflusst ablaufen. Ansonsten ist die WHO trotzdem eine bedeutsame globale Institution, die nicht unterschätzt werden sollte.